Montag, 23. November 2015

Und endlich,

nach dreieinhalb Monaten(!!) Leben in the middle of nowhere,
hab ich einen Elch gesehen - jap, man darf die Hoffnung halt doch nicht aufgeben. Und die Tatsache, dass ich ihn erst nicht gesehen habe, weil ich aufs Handy geguckt hatte und so räusper mein Gastpapa lieberweise nochmal umgedreht ist, damit ich austicken kann beim Anblick des langbeinigen, unschuldig glotzenden Ungetuems (dass sich dann leider rennend aus dem Staub(Schnee) gemacht hat) - die stell ich so weit hinten an, dass sie unter den Tisch fällt :D
Leider hab ich auch kein Foto, weil meine Handykamera kaputt ist bzw es sowieso zu dunkel war (21:00 abends).
Aber manche Momente kann und sollte man auch nur mit der Erinnerung festhalten - der Grinsemuskelkater in meinem Gesicht wird mich noch lang erinnern, glaubt mir! Als wir heimgekommen sind (ich war mit Austauschschuelern auf einem Wochenend'trip' in Karlstad, Värmland, auf einer Schaffarm eines anderen Austauschschuelers - Sauna und Filmabend im Holzhaus inbegriffen!), war die Geschichte vom Elch das erste, was meine Gastmama zu hören bekam :D
Ja, ich hatte ein echt wunderbares Wochenende, ich kann meine Gedanken gar nicht ordnen (sorry, wenn alles etwas verschachtelt ist hier!)!
Und Leute, ich liebe Zugfahren in Schweden. Ueberall Steckdosen zum Handy aufladen wegen zu viel Musik hören (wenn man das im Zug nicht macht, ist man irgendwie Aussenseiter - ich seh' sogar Opas mit iPod-Stöpseln!) und ueberall bequeme Sitze und immer, immer, immer eine schöne Aussicht (okay ausser es ist dunkel. Was es die meiste Zeit auch ist.) Ich hätte nie gedacht, dass Schweden im Winter nochmal 200% schöner wird als es davor im Sommer/Herbst war. Wenn man durch einen Wald fährt, die Sonne gerade anfängt unterzugehen, aus einem wolkenlosen Himmel durch die weiss gezuckerten Birken und Tannen scheint und alles rosa macht - oh man, da vermisst man Deutschland dann halt sowasvonreingarueberhauptnicht.
(Okay, ausser die Menschen. Hab euch lieb!)

Vera

Ps: Hatte leider meine Kamera nicht dabei, ich doofe Kuh. Deswegen keine Bilder - hätte es euch aber sooooooo gerne gezeigt, das Winterwunderland!

Freitag, 13. November 2015

Unterschiede

Schule
Moderner
Lehrerin erklärt etwas zu einem Referat. Schaut auf den verstaubten Overhead-Projektor in der Ecke. "Warum steht der eigentlich noch hier? Habt ihr die Dinger jemals in euren schon 9 Jahren Schulzeit benutzt?", fragt sie grinsend.
Alle lachen, außer die deutsche Austauschschülerin, die sich noch gut an das Mist, ich hab nicht abwaschbaren Folienstift benutzt-Problem erinnern kann. :D
Natürlich werden hier Computer benutzt. Alle schön auf Windows 10 aktualisiert, jeder Schüler hat seinen eigenenen Account, die Noten werden in die Schoolsoft-Accounts eingetragen und der Schüler bekommt seine Arbeiten meistens schon gar nicht mehr zurück, sondern sieht nur die Note im System ein. Wobei ich selbst denke, dass es besser wäre, seine Fehler auch nochmal schwarz auf weiß zu sehen, die die gegebene
Note hervorgebracht haben.

Relaxter
Besagte Referate sollen nach 3 Wochen Vorbereitungszeit an Tag X in Stunde X gehalten werden. 
- 'Ich bin nicht fertig geworden'
- 'Okay, dann machst du das eben nächste Stunde.'
- 'Ich habs auch nicht geschafft'
- 'Kein Problem, die Leute, die es bis nächste Woche auch nicht haben, können sich bis vor den Ferien Zeit lassen.'
 
Handy klingelt. 
'Lautlos, bitte!'

- 'Kann ich eine halbe Stunde eher gehen? Ich verpasse sonst den früheren Bus.'
- 'Klar, dann lies bitte dieses Kapitel Zuhause.'

'Kann jemand mal kurz Cajsa anrufen, ob sie krank ist oder nicht? In meinem Account steht nichts, vielleicht ist sie auch nur zu spät.'

Apropo zu spät: Wenn hier jemand zu spät kommt, ist der Lehrer eher begeistert, dass die Person noch auftaucht. Kein 'Mensch, das nächste Mal bitte pünktlich!', sondern ein 'Hej Lucas! Schön, dass du auch da bist!'
Es gab auch schon die Situation, in der der Lehrer zu spät kam, kurz den Kopf in die Tür gesteckt hat, gesagt hat 'Bin gleich bei euch, ich hole mir noch schnell einen Kaffee' und erstmal wieder gegangen ist. :D

Sportunterricht
Gemischt
Jungs und Mädchen haben Sport zusammen. Es ist verdammt anstrengend, auch wenn es nur für eine Stunde ist. Wir haben Theoriestunden und, was mir noch aufgefallen ist, 
es ist riskanter.
Wo in Deutschland die ganze Halle mit Matten gepolstert war, wenn wir Gerätebrennball gespielt haben, liegt hier in Schweden eine dünne Schockmatte hinter dem Bock.
Wo in Deutschland immer 2 Leute neben dem Gerät standen und Hilfeleistung gestellt haben, sagt der Lehrer hier einfach, was man tun soll - ohne es vorzuzeigen -, und dann wird halt einfach versucht. Danach wird einem schon gesagt, was man falsch macht. 
Wo es in Deutschland nicht erlaubt war, die Schüler alleine aus dem Gelände zu lassen, werden hier in Schweden Zweierteams in einen schlammigen Wald geschickt, um Orienteering-Markierungen zu finden. 'Falls was passiert, ruft einfach an. Ihr habt ja eine Karte dabei, ihr wisst ja, wo ihr seid.'

Schüler-Lehrer-Verhältnis
'Magnus, Kannst du mir nochmal sagen, was wir aufhaben?'
'Ich habs grad nicht da, gib mir mal deine Telefonnummer, dann kann ich dir das per SMS schicken.'

'Schreibt mir einfach über Facebook, wenn ihr noch Fragen habt!'
Vieles wird über Facebook geregelt, die Lehrer erstellen Gruppen und man kann unter den Beiträgen kommentieren, ob man das Datum für den  Prov jetzt gut findet oder ob man das nicht noch eine Woche nach hinten verschieben könnte.
Auch gibt's keine Vertretungsstunden, wenn der Lehrer nicht da ist, fällt halt die Stunde einfach aus.

Einkaufen
(Bargeld? Was ist das?)
Ja, ihr lest richtig. Die Kronen-Noten wurden zwar jetzt neu erstellt und haben ein neues Design, das ändert aber nichts daran, dass ungefähr NIEMAND mehr Bargeld zum Bezahlen benutzt. Die Kontokarte ist ständiger Begleiter eines schwedischen Bürgers (meistens haben die Leute hier ihr Handy in einer Hülle mit Fächern für Geld-, Bus- und Schulkarte - basically tragen sie ihr ganzes Leben im Handy mit sich rum).

Ernährung
Schweden essen viel, aber trinken wenig. Was mir aufgefallen ist, beim Sport macht sich niemand die Mühe, eine Flasche mitzunehmen - in der Trinkpause rennt dann jeder aufs Klo und hält den Kopf unter den Wasserhahn, kein Witz!!
Dann beim Lunch wird ordentlich reingehauen, egal was es gibt (Fisch, pappige Pfannkuchen, Pasta die man OHNE LÖFFEL ESSEN MUSS, immer Kartoffeln, immer Salat, immer Knäckebrot mit Salzbutter als Nachtisch) und man kann beim Trinken zwischen Milch (natürlich laktosefreie und verschieden fetthaltige Auswahl!) und Leitungswasser wählen. Wasser mit Kohlensäure wird hier verabscheut, schnief.

HANDY
Handy ist Leben. Leben ist Handy. Und wenn's nur die Facebook-Timeline ist, die alle 5 Minuten aktualisiert wird. Oder es werden verrückte Snaps verschickt. Gerne auch an die Person, die neben dir sitzt. Oder, wenn man alleine ist, wird Musik gehört. Ohne geht nicht. Und wenn der Akku leer ist, ist es die Lebensenergie auch, glaube ich - hab jedenfalls noch nie erlebt, dass irgendjemand aus meiner Klasse einen leeren Akku hatte - kann ja in der Geschichtsstunde an der Steckdose neben dem Tisch aufgeladen werden. Und dank dem WLAN im gesamten Schulgebäude kann währenddessen auch noch kurz die Snapchat-Story vom Kumpel im Klassenzimmer nebenan angeschaut werden. (Jap, Snapchat ist seeeehr sehr wichtig, um Kontakte zu knüpfen! :D)

So, das war's mal wieder von mir, jetzt habt ihr wieder genug Lesestoff - ich meld' mich bald wieder!
Vera







 

 

Montag, 9. November 2015

Rückblende + Rumgeschnulze

Vera, im Jahr 2014: 'Zudem spricht mich das Schulsystem an' (nachzulesen hier)
Vera, im Jahr 2015: räusper
Jap, da sieht man mal, wie sich Ansichten ändern können.
Wenn man sich sein Wunschland ausgesucht hat, googlet man alle möglichen Fakten, versucht das Land schon vor dem Unterschreiben des Vertrages bis auf den äußersten Winkel kennenzulernen - und das macht man so lange, bis die Google-Ergebnisse bis auf die 120te Seite mehr als dunkel-lila sind. Aufregung, Vorfreude, cool, man darf Handys im Unterricht benutzen-Gedanken, man will endlich raus aus dem deutschen Alltagstrott, man mag die Züge nicht mehr, man will nicht mehr frühmorgens eine halbe Stunde mit überfüllten Stadtbussen durch die Heimatstadt gurken. Man will etwas neues erleben.
Aber man denkt natürlich nicht daran, dass das Neue irgendwann nicht mehr ganz so neu ist. Man gewöhnt sich daran, an das hochgepriesene und erwartete Neue. Und plötzlich ist das Schulsystem ja doch nicht ganz so toll. Man wird von den Handys ja irgendwie doch abgelenkt. Die langen Pausen machen einen irgendwie ruhe- und konzentrationslos. Irgendwie ist Schule in Deutschland nicht so eine Zeitverschwendung wie hier. Das dunkle Wetter macht einen irgendwie melancholisch.
Nennt sich Drei Monate-Tief. Soll besonders doof sein. Und wenn dir Zuhause in Deutschland dann noch das Kaninchen stirbt, ist das ganze auch nicht mehr so lustig.
Aber, wisst ihr was? Dafür gibt es die Austauschschüler-Community - Leute in deinem Alter, die haargenau dasselbe durchmachen wie du selbst. Egal, wo sie sich befinden. Kanada, USA, Norwegen, Mexiko; (hat auch dank der Zeitverschiebungen den Vorteil, dass immer irgendjemand wach ist, also ist der ATS-Kummerkasten 24/7 besetzt)
Ein großes Danke an euch, Leute. Ein Auslandsjahr wäre nicht dasselbe ohne die Unterstützung von Mit-ins-Ungewisse-Stürzern.
Hab euch lieb
Vera

Donnerstag, 5. November 2015

Weg sein

bedeutet, Sachen nicht mitzuerleben. Nicht zusammen zu lachen, wenn etwas passiert. Nicht zusammen zu weinen, wenn etwas passiert.
Weg zu sein bedeutet, alleine mit etwas klarzukommen zu müssen. Weg zu sein bedeutet, schlechte Nachrichten per Telefon zu bekommen. Weg zu sein bedeutet, mit der Schwester nicht von Angesicht zu Angesicht zu weinen, sondern am Telefon. Weg zu sein bedeutet, alleine irgendwo zu sitzen, wenn man eine schlechte Nachricht bekommt. Weg zu sein kann auch mal überhaupt gar nicht schön sein. Weg sein bedeutet manchmal zu viel.
Weg zu sein bedeutet, sich manchmal nach Hause zu wünschen. Auch, wenn es dort nicht besser wäre. Weg zu sein bedeutet, von eigentlich noch fremden Gastbrüdern getröstet werden zu müssen. Weg sein bedeutet, zu vermissen. Und manchmal bedeutet es auch, ein bisschen zu bereuen. Weg zu sein bedeutet, dass man durch eigentlich nur kleine, aber unvorhergesehene Veränderungen Zuhause in Deutschland trotzdem niedergeworfen werden kann.
Klingt jetzt alles sehr negativ, aber nein, ein Auslandjahr birgt viel mehr als pures Heimweh - ein Auslandsjahr hat Risiken, an die man von Anfang an vielleicht gar nicht denkt.
Und nein, kein Mensch ist gestorben. Aber ein Familienmitglied, ein Haustier, dessen Existenz mich halt doch mehr als 7 Jahre meines 16jährigen Lebens begleitet hat. 
ich weiß, es ist eine schlechte Qualität - sorry dafür